Der polnische Kurort Kolberg setzt auf ganz viel Gesundheit und Erholung. Warum er außerdem der perfekte Ort für Gourmets ist – wir verraten es.

“Kolberg ist schon seit 150 Jahren Kurort“, weist Stadtführer Sylvester Klawinowski auf die Bedeutung des Orts an der polnischen Ostsee hin, der heute Kolobrzeg heißt. Die Stadt, deren Einwohnerzahl durch die Corona-Pandemie um 2.000 auf 46.000 reduziert wurde, lebt zu einem großen Teil vom Tourismus. Genauer gesagt, ist es überwiegend Gesundheitstourismus, wobei die Gäste in den vergangenen Jahren zunehmend die kulinarischen Angebote als weitere Gründe ihres Kommens angeführt haben. Das wundert nicht allzu sehr, da 60 Prozent aller, für polnische Küchen gefangene Fische, in Kolberg umgeschlagen werden. „Hier ist bis zur Mittagszeit Betrieb wie in einem Ameisenhaufen“, verweist Klawinowski nicht ohne Stolz auf die Markthallen am kleinen Hafen, dessen Einfahrt mit 29 Metern Breite nur einen begrenzten Schiffsverkehr zulässt.

Im Hafenbecken bestimmen die Fischtrawler das Bild, wobei sich auch einige Yachten von Touristen und wenige Schiffe des Militärs in die Kulisse mischen. Dieses touristisch verträgliche Bild erschließt sich jenseits der kilometerlangen Strände, deren weißer Sand bei jedem Wetter die Menschen lockt, um bei Seeluft die Natur zu genießen. Während die polnische Ostsee vor einigen Jahren noch die sozialistische Badewanne für die Erholungssuchenden des Landes war, mischt sich heute bereits die Gästeschar so, dass eine Hälfte aus Polen, die andere aus Deutschland in die Region reist. Einige wenige Skandinavier komplettieren das internationale Publikum.

SALZ SPIELT EINE GROSSE ROLLE FÜR KOLBERG

„Viele Menschen wissen, dass ihre Kur hier auch von den Krankenkassen in Deutschland mitgetragen wird und scheuen den Weg deshalb nicht, andere wollen aber auch die geballte Kompetenz nutzen, die ihnen hier in den medizinisch ausgerichteten Häusern entgegen gebracht wird“, meint die Geschäftsführerin eines Hauses, in dem auf die vielen Solequellen der Stadt hingewiesen wird. Wie die Solequellen spielt auch das Salz eine große Rolle für die Stellung Kolbergs. In einem Museum wird den Gästen dokumentiert, dass aus dem Solewasser das weiße Gold gewonnen wurde. Heute lohnt sich der Aufwand mit den großen Verdunstungsanlagen nicht mehr. Ein öffentlicher Brunnen in der Nähe des Museums mit gastronomischem Stellenwert wird häufig von den Einheimischen genutzt, um geerntete Gurken in das Solewasser einzulegen.

Das Seebad Kolberg, das vom Strand durch einen Laubwaldstreifen, Parks, Grünflächen und eine Promenade vor Wind geschützt ist, hat den Autoverkehr stark begrenzt und bietet damit ungestörtes Rauschen des Meeres und Spaziergänge in ausgedehnten, kilometerlangen Zonen. Ohnehin säumen überwiegend Hotels unterschiedlicher Ansprüche den Kolberger Küstenstreifen. Hier ist für jeden Geldbeutel eine Lösung zu finden, wobei sich das polnische Preisniveau unterhalb des deutschen bewegt.

Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass sich zahlreiche Imbissstände und Händler mit Waren vom überflüssigsten Detail bis zum passenden Kleidungsstück innerhalb der Fußgängerzonen um die Kunden drängen. Das die Seebrücke ein Anziehungspunkt der Touristen ist, lässt sich angesichts der Beliebtheit nicht verhehlen. Immerhin wartet das relativ kleine Kolberg nach Warschau und Krakau mit den drittmeisten Übernachtungszahlen in Polen auf. Die Anzahl der Beherbergungsbetriebe ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen.

Parkanlagen, wie vor dem Postamt von Kolberg prägen große Teile der Altstadt von Kolberg.
Der Leuchtturm ist das Wahrzeichen der Stadt Kolberg. Nachdem er im letzten Weltkrieg zerstört wurde, haben es die Polen als eines der wenigen Gebäude der Stadt wieder aufgebaut.
An die Vorkriegstradition Polens angeknüpft und sich als Winzer bereits etabliert haben sich Mariola und Marek Kojder.
Piotrek Burylo und Magdalena Heymann haben der Küche des 5-Sterne-Hotels Shuum mit ihrer herausragenden Kochkunst zwei Hauben beschert.
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Ein gutes Beispiel für qualitativ hochwertige Angebote für Urlauber gibt das Hotel Shuum ab. Mit hundert Beschäftigten wird für das Wohl der Gäste in den 97 Zimmern gesorgt, wobei in der Küche mit Haubenkoch Piotrek Burylo und Sou-Küchenchefin Magdalena Heymann Gerichte aus höchstem Niveau über den Pass an die Tische gehen lassen. Selbstverständlich, und das ist in fast allen Küchen so, sind Fischgerichte ein Hauptbestandteil der Speisekarten.

Abgerundet werden die Gerichte aus lokaler Umgebung durch die passenden Weine, die dem internationalen Angebot entnommen werden. Allerdings werden diese seit einigen Jahren auch durch heimische Weine ergänzt, von denen insbesondere der Solaris die polnischen Gaumen fasziniert. Mariola und Marek Kojder haben die Tradition wieder aufgenommen, die Polen noch vor dem zweiten Weltkrieg als Anbaugebiet hatte. Auf acht Hektar haben sie unterschiedliche Rebsorten, davon überwiegend Sauvignon Gris, Solaris, Muskateller und Cabernet Sauvignon angebaut. 

GROSSE NACHFRAGE NACH WEIN

Die Nachfrage hat sich für den Winzer aus Bielice unweit der Grenze zu Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert, so dass die Familie die Anbaufläche auf zehn Hektar vergrößert. Der Vertrieb findet vorwiegend direkt im Lande statt. Die Kinder Artur und Anna wollen dabei mit ihrem Engagement die Position der heimischen Qualitätsprodukte weiter etablieren.

Bei etwa vier Millionen Übernachtungen pro Jahr in Kolberg wird zweifellos die Fangemeinde für die regionalen polnischen Produkte steigen, zumal die Restaurants die Idee stützen, ohne die typisch polnische Küche zu vernachlässigen. Wer nach Polen in den Urlaub fährt, will mindestens einmal Zurek, Bigos und Pierogis gegessen haben.

Auch wenn die Küche in Polen einen herausragenden Stellenwert hat, werden die Touristen das üppige Angebot der Natur nicht verschmähen wollen. Neben der Altstadt von Kolberg mit den wenigen historischen Gebäuden, aber den schönen Parkanlagen, laden viele Kilometer Radwege und Wanderwege zum Nutzen ein. Mittlerweile hat sich das Angebot in Kolberg nach den Wünschen der Gäste so ausgerichtet, dass E-Bikes ebenso zu mieten sind wie herkömmliche Fahrräder oder auch Kajaks und Boards, weil die Wasserflächen endlose Möglichkeiten der Freizeitgestaltung offenbaren.