Sie ist eine der schönsten Städte Mecklenburgs und fasziniert mit einem breiten Freizeitangebot: die Barlachstadt Güstrow. Hier lässt es sich perfekt der Alltagshektik entfliehen. Für puresLeben-Autor Kurt Sohnemann ist die 30.000-Seelen-Stadt zwar nicht der Nabel der Welt, aber ein Tipp für alle, die sich mit Natur und Kunst umgeben wollen.

Der Elektromotor säuselt leise am Heck des kleinen, hölzernen Kutters. Am Ruder steht Käpt’n Torsten Bockentin, auf den Bänken genießen Mitfahrer das Plätschern des Wassers im Inselsee, der bei einer Fläche von knapp fünf Quadratkilometern keine knatternden Motoren zulässt. Hier haben die Kräfte der Natur das Sagen. Das Spektrum reicht vom wenig lieblichen Gesang des Graureihers über das Quaken der Frösche bis hin zum Plantschen der eintauchenden Schwimmer, die am Ufer des Inselsees ihre Freizeit in den schmucken Holzhäuschen verbringen.

Der Inselsee, der Güstrow im Süden abgrenzt, ist im Naturschutzgebiet gelegen. Eigentlich sind es drei Seen, die von einer Insel unterbrochen sind. Das vorzeigbare Gebäude auf der „Schöninsel“ war einst das Freizeitdomizil von Parteioberen der ehemaligen DDR. Heute ergänzt die Insel die Ruhezonen, die von Menschen aufgesucht werden, die aus Alltagshektik fliehen und sich schon nach Stunden am Ziel fühlen. Güstrow ist mit knapp 30.000 Einwohnern zwar nicht der Nabel der geschäftigen Welt, wohl aber ein Tipp für Menschen, die sich mit Natur und Kunst umgeben wollen.

Garant für den künstlerischen Part ist neben den Architekten der unterschiedlichen Baustile der Innenstadt Ernst Barlach, der mit seinen Plastiken eine eigene Dimension geformt hat. Das Atelier des 1938 verstorbenen Güstrowers beherbergt heute eine Fülle seiner Werke. Überdies können sich Kunstfreunde im Barlach-Museum und an weiteren Stätten in Güstrow an den Exponaten erfreuen. Am bekanntesten dürfte die Bronzeskulptur „Der Schwebende“ im Güstower Dom sein. 

Die Innenstadt von Güstrow mit dem Brunnen vor dem Postamt.
Torsten Borckentin zeigt seinen Gästen auf dem Kutter gern die idyllischen Plätze auf dem Inselsee.
Die wohl bekannteste Skulptur von Ernst Barlach ist „Die Schwebende“ im Güstrower Dom. Er schuf sie als Denkmal an die Gefallenen des ersten Weltkriegs.
Der Kanal von Güstrow zum Inselsee ist gesäumt von kleinen Holzhäuschen, vor denen Boote statt Autos parken.
Der Tierpark MV ist schon wegen seiner großzügigen Haltungsbedingungen ein Besuch wert.
Das Atelier Ernst Barlachs ist Ausstellung bedeutender Plastiken des Künstlers.
Blick auf den Inselsee, der Güstrow südlich abgrenzt.
Uwe Siekirowski ist einer der letzten verbliebenen Fischer an den Seen um Güstrow. Er sorgt für Zander, Aal, Hecht und andere Leckerbissen auf den Tellern von Einheimischen und Gästen.
Die Badestelle am Inselsee grenzt an die Stege an, die für Boote und andere Wassersportgeräte genutzt werden.
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Während die Kunsthistoriker die Gesichtszüge der Zeitgenossin und Freundin Käthe Kollwitz glauben zu erkennen, ist die Güstrower Einwohnerin Hannelore Garloff fest davon überzeugt, dass der Expressionist hier seine Frau Marga widergespiegelt hat. „Ich habe als Kind oft bei ihr gespielt. Sie hatte den gleichen Blick, die glei-che Frisur“, sagt sie unerschütterlich. Bei dem Kunstwerk handelt es sich übrigens um ein Denkmal an die Opfer des ersten Weltkriegs. Unter dem Naziregime hatte auch Barlach zu leiden.

Während Besucher sich in Güstrow an den liebevoll restaurierten Häusern sattsehen können, die von Straßen mit Kopfsteinpflaster durchzogen sind, bleibt ihnen das Schloss noch verborgen. Bis Ende 2023 soll die Sanierung dauern – Einheimische vermuten einen späteren Zeitpunkt, an dem der einstige Sitz Mecklenburger Herzöge wieder in voller Pracht erscheint.

Die eindrucksvollsten Erlebnisse wiederfahren den Besuchern zwangsläufig in der Natur, wenn sie Güstrow besuchen. Breite Wanderwege, die auch von Fahrradfahrern genutzt werden dürfen, säumen die Stadt oder führen zum Heidberg, einer leichten Erhebung am Inselsee. Dort können Boote gemietet werden. Die Badestelle ist gleich nebenan.

Dass am Heidberg diese Fülle der Möglichkeiten zentral geboten wird, ist nicht zuletzt auf die perfekte Lage am ehemaligen Kurhaus zurückzuführen. Das zwischenzeitlich in seiner Substanz gelittene Gebäude hat Erich-Alexander Hinz mittlerweile zu einem sehr ansprechenden Hotel umgebaut. Unterkünfte finden die Gäste in Güstrow in jeder denkbaren Preisklasse. Auch eine Jugendherberge ist in bester Position zum See buchbar. Rar sind lediglich Campingplätze. 

Nicht nur, wer mit Kindern unterwegs ist, sollte sich den Tierpark MV auf die Tagesordnung nehmen. Der Park ist auf jeden Fall ein ganzer Tagesausflug, weil die Gehege für Bären, Wölfe und Co. so weitläufig sind, dass Menschen mit begrenztem Bewegungsdrang besser das Fahrrad für die Besichtigung nehmen sollten.